Zitat von
Frederick Steiner
Werter Herr Botschafter, es erstaunt Uns, dass Ihr Euch im Palais so offen bewegt. Wir haben Uns kaum wieder niedergelassen, da habt Ihr schon die Stimme erhoben.
In Unserer Ausführung ist nie die Rede davon gewesen, dass das Volk sich eines Monarchen entledigen darf. Niemals! Wir sprechen alleine davon, dass ein Fürst, der es nicht schafft seine Macht zu erhalten - ob durch Fremdeinwirkung oder eigene Fehler - sich durch eben dieses Versagen disqualifiziert.
Dass dann ein Anderer nach dieser Macht greift - ein Mann von Stand und Herkunft - ist nicht verwerflich. Vor allem, wenn er dadurch die fürstliche Ordnung wieder herstellt.
Der Unterschied zwischen Oldenburg-Lippe und Frankreich ist in Unseren Augen der Folgende:
Euer König ist vom Volke gewählt worden, weil das Volk ihn wollte. Die Macht ist ihm angetragen worden. Das Volk hat sich seinen Herrscher geschaffen. Er hat sich der Fahne des Volkes angeschlossen.
Der Großherzog zu Oldenburg ist mit seinem Banner nach Lippe gezogen und hat das Volk um sein Banner gesammelt. Frankreich hat England das gesamte Angevinische Festlandreich abgenommen mit eben dem gleichen Verhalten. Eure Könige haben bewiesen, dass sie durch ihre Taten bessere - weil siegreiche - Herrscher waren. Sie haben das Volk durch ihre Siege überzeugt - auch wenn Waffengewalt ebenfalls von Nöten war. Auch der Großherzog zu Oldenburg hat durch seine Taten seinen Machtanspruch durchsetzen können. Nämlich durch die Art seiner Herrschaft so wie sein Vater vor ihm.
Um es noch mal klar zu sagen. Sowohl dem Botschafter von Frankreich, als auch dem Kanzler von Schaumburg-Lippe: Macht hat nicht zwangsläufig etwas mit Waffengewalt zu tun. Der Bund ist geschaffen worden, um eben die zerstrittenen Fürstentümer der Deutschen Lande zu einen. Um fürchterliche Schrecken wie den 30-Jährigen Krieg, der die deutschen Lande in eine Wüste verwandelt hat, endgültig zu verhindern. So ungerne Uns die liberalen Tendenzen auch sind, so müssen Wir doch anerkennen, dass der Großherzog zu Oldenburg durch seine friedliche Machtergreifung die Ideale des Bundes tatsächlich umgesetzt hat. Kein Deutscher soll mehr auf einen Deutschen schießen. Und mit dieser Prämisse hat der Großherzog ohne den Einsatz von Gewalt, nur durch den Einsatz seiner Vernunft - denkt an Kant, Monsieur! denkt an Voltaire! - der bestehenden Gewalt unter Brüdern ein Ende gesetzt.
Frankreich und die deutschen Lande sind keine Brüder Monsieur. Heute sind wir nur mehr weit entfernte Vettern. Wir waren einmal Brüder, als Karl der Große noch Kaiser war und das Frankenreich uns vereinte. Und vielleicht werden wir dereinst wieder Brüder werden, wenn sich ein wahrer Nachfolger Karls des Großen zeigt. Aber das wird dann entweder einer Unserer Brüder sein oder einer Eurer Brüder. Und wenn Ihr nun erklärt, es wäre Euch ob des lieben Friedens willen Recht, wenn es ein deutscher Fürst wäre, der das Alte Frankenreich wieder eint, dann wäre dies eine Überraschung im wahren Geiste der Humanität - aber mit Verlaub, es wäre eine Lüge. Ebenso geht es Uns, Monsieur.
Die deutschen Lande - ein im Geiste einig Deutsches Land, bedenket diese Idee! - können nur bestehen, wenn zwischen den Deutschen Fürsten Frieden herrscht. Denn die Schwäche des Bundes ist eine Einladung für äußere Feinde. Der Zustand des Bundes ist eine Schande.
Der König von Frankreich - der Euer König ist, weil er die Macht erhalten hat, wobei das WIE unwichtig ist - hält derzeit Frieden. Und Frieden ist das höchste Gut, für das wir dankbar sind, Monsieur. Doch er wäre ein schlechter Fürst Eures Landes, wenn ihm die Schwäche des Deutschen Bundes missfallen würde. Es ist noch nicht lange her, Monsieur, als von Eurem Boden aus Krieg auf unsere Lande getragen wurden. Frankreich ist Auslöser für den blutigsten Krieg in diesem jungen Jahrhundert. Mit Verlaub Monsieur, die politische Zerrissenheit Eures Landes nach der Niederlage gegen die Koalitionskräfte ist verständlich. Doch sie ist auch beunruhigend für Eure Nachbarn. Was mag auf dem Boden der liberalen Revolution noch Blüten treiben?
Wir wollen gerne glauben, dass Euer Monarch als Fürst, der er ist, bereit ist den Frieden zu halten. Doch ist es das Volk auch?
Bis dahin muss und kann nur gelten: si vis pace para bellum. Und zwar nicht für einen Krieg im Inneren des Bundes, sondern für einen Krieg, der den Bund und jedes Fürstentum bedroht. Wollen Wir hoffen, Monsieur, dass es dazu nie kommt und wir vielleicht wie einst Aragon und Kastilien zueinander finden, um das große Frankenreich wieder zu beleben. Dies wäre der Einsatz von Vernunft, wie es ihn wahrlich kein zweites Mal auf unserem Kontinent gegeben hat. Doch dazu braucht der Bund Einigkeit.
Ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit.